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Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen (UBieV)
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Inhalt: Häufige Fragen zum Thema „Bienen und Pflanzenschutz“

1) Was bedeutet die Einstufung „bienenungefährlich“ bei PSM?

Ein Pflanzenschutzmittel wird als nicht bienengefährlich (B4) eingestuft, wenn die Zulassungsprüfung ergeben hat, dass es Honigbienen und die Volks- und Brutentwicklung von Bienenvölkern in zugelassener Dosierung nicht gefährdet

Die meisten als nicht bienengefährlich eingestuften Pflanzenschutzmittel haben in Laborversuchen selbst in hohen praxisüblichen Dosierungen keine schädigende Wirkung auf Honigbienen und können nach einer Risikoabschätzung als nicht bienengefährlich eingestuft werden. Insektizide und andere Pflanzenschutzmittel, bei denen ein Risiko für Bienenvölker durch die Anwendung in blühenden Kulturen aufgrund von Laborversuchen grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann, müssen vor der Zulassung in umfangreichen Praxisversuchen geprüft werden.

Aufgrund der intensiven Prüfung im Rahmen des Zulassungsverfahrens dürfen als nicht bienengefährlich eingestufte Pflanzenschutzmittel in zugelassener Dosierung auch während des Bienenfluges eingesetzt werden. Überdosierungen, bestimmte unzulässige Tankmischungen und andere Fehlanwendungen können jedoch Bienenschäden verursachen! Zum vorsorglichen Schutz von im Zulassungsverfahren nicht geprüften Bestäuberinsekten wird empfohlen, auch als nicht bienengefährlich eingestufte PSM in blühenden Kulturen möglichst abends oder bei kühler Witterung anzuwenden.

Nicht bienengefährliche PSM sind wie folgt gekennzeichnet:

„Das Mittel wird bis zu der höchsten durch die Zulassung festgelegten Aufwandmenge oder Anwendungskonzentration, falls eine Aufwandmenge nicht vorgesehen ist, als nicht bienengefährlich eingestuft (NB6641).“

2) Was bedeutet die Einstufung „bienengefährlich“ bei PSM?

Ein PSM wird als „bienengefährlich“ (B1) eingestuft, wenn es Bienen in zugelassener Dosierung schädigt oder die Volks- und Brutentwicklung von Bienenvölkern beeinträchtigt. Dies gilt auch für PSM, die den Orientierungssinn von Flugbienen stören oder die Bienenbrut schädigen. Gemäß Bienenschutzverordnung gelten daher für bienengefährliche Pflanzenschutzmittel weitreichende Anwendungsbeschränkungen, die das Ziel haben, den Kontakt mit Bienen in der Praxis zu verhindern:

  • keine Anwendung während der Blüte oder beim Auftreten von Honigtau
  • keine Anwendung an blühenden Unkräutern (z.B. Kornblume in Getreide, Löwenzahn in Obst usw.)
  • keine Abdrift auf blühende Nachbarkulturen, Hecken, Randstreifen etc.

Bienengefährliche PSM sind wie folgt gekennzeichnet:

„Das Mittel wird als bienengefährlich eingestuft (B1). Es darf nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden; dies gilt auch für Unkräuter. Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992, BGBl. I S. 1410, beachten (NB 6611).“

Einige bienengefährliche PSM, die in erster Linie als Kontaktgift wirken, dürfen in blühenden Kulturen abends nach dem täglichen Bienenflug bis 23.00 Uhr eingesetzt werden. Die Bienensicherheit der Anwendung muss jedoch für jedes Produkt in Praxisversuchen geprüft werden. Die Einstufung lautet:

 „Das Mittel wird als bienengefährlich, außer bei Anwendung nach dem Ende des täglichen Bienenfluges in dem zu behandelnden Bestand bis 23.00 Uhr, eingestuft (B2). Es darf außerhalb dieses Zeitraums nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden; dies gilt auch für Unkräuter. Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992, BGBl. I S. 1410, beachten (NB 6621).“

3) Was ist die LD50?

Bei der Bewertung der Auswirkungen von PSM auf Bienen im Zulassungsverfahren ist die LD50 ein Vergleichswert für eine akut toxische Dosis eines PSM, bei der 50 von 100 Bienen im Laborversuch sterben bzw. irreversibel geschädigt werden. Anhand der LD50-Werte zur Fraß- und Kontaktgiftwirkung lässt sich ein PSM in Klassen von nicht bis stark bienentoxisch einstufen - vergleichbar der Einteilung in Bier, Wein und Spirituosen bei Getränken. Um abschätzen zu können, ob Bienen in der Praxis mit gefährlichen Dosierungen eines PSM konfrontiert sind, wird die LD50 im Rahmen der Risikobewertung mit der zu erwartenden Dosis in der Praxis verglichen. Sind die Sicherheitsabstände nicht ausreichend, müssen Praxisversuche durchgeführt werden.

Um die Aufnahme über Pollen und Nektar bzw. den Kontakt mit Spritznebel im Labor zu simulieren, werden Gruppen von Bienen jeweils mit meist fünf verschiedenen Dosierungen des Prüfmittels gefüttert (Fraßgiftwirkung) bzw. beträufelt (Kontaktgiftwirkung). Die Dosierungen werden so gewählt, dass bei der niedrigsten möglichst keine und bei der höchsten alle Bienen einer Versuchsgruppe sterben. Die Dosis, bei der genau 50 von 100 Bienen sterben (= LD50), wird errechnet. Beträgt die LD50 weniger 1 Mikrogramm je Biene, gilt ein PSM als akut bienentoxisch. Das Insektizid Imidacloprid gilt mit einer oralen LD50 von 0,0037 µg/Biene als einer der giftigsten PSM-Wirkstoffe überhaupt. Imidacloprid-haltige Spritzmittel sind daher als bienengefährlich eingestuft. PSM, deren LD50-Werte über 100 Mikrogramm je Biene betragen, gelten als praktisch nicht bienentoxisch, da solche Dosierungen in der Praxis bei Weitem nicht erreicht werden.        
Manche Insektizide verursachen „subletale Effekte" wie Orientierungsstörungen oder haben brutschädigende Eigenschaften, die unter Laborbedingungen nicht messbar sind. Sie müssen daher in Praxisversuchen geprüft werden – auch dann, wenn anhand der LD50 von einer geringen akuten Giftigkeit auszugehen ist.

 

4) Was ist der HQ?

Der HQ (engl.: Hazard Quotient) ist ein Gefährdungsquotient für die Fraß- (HQ oral) und  Kontaktgiftwirkung (HQ con), der das Verhältnis von zugelassener Dosierung und Giftigkeit eines PSM ausdrückt und bei der Bewertung der Auswirkungen von PSM auf Bienen im Zulassungsverfahren für die Risikoabschätzung genutzt wird. Er wird wie folgt berechnet:

HQ = zugelassene Aufwandmenge ( g PSM je Hektar) : LD50 ( µg PSM je Biene)

Liegt der HQ-Wert eines PSM unter dem Schwellenwert 50, ist gemäß EPPO Environmental Risk Assessment Scheme davon auszugehen, dass Bienen durch die Anwendung in blühenden Kulturen nicht gefährdet und die Volks- und Brutentwicklung von Bienenvölkern nicht beeinträchtigt wird. HQ-Werte zwischen 50 – 2500 weisen auf ein potentielles Risiko hin. Entsprechende PSM müssen in Praxisversuchen geprüft werden. HQ-Werte über 2500 weisen auf ein hohes Risiko hin. Entsprechende PSM müssen grundsätzlich als bienengefährlich eingestuft werden. Die Festlegung des Schwellenwertes 50 beruht auf Ergebnissen aus standartisierten Praxisversuchen .

5) Was bedeutet die Auflage NN410 „Das Mittel wird als schädigend für Populationen von Bestäuberinsekten eingestuft. Anwendungen des Mittels in die Blüte sollten vermieden werden oder insbesondere zum Schutz von Wildbienen in den Abendstunden erfolgen.“?

Die Auflage NN410 wurde vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) für bestimmte als B4 (nicht bienengefährlich) eingestufte PSM erteilt wird. Sie bezieht sich auf Bestäuberorganismen, die - anders als die Honigbiene - im Zulassungsverfahren nicht geprüft werden. Aus Untersuchungen ist bekannt, dass die Empfindlichkeit vieler Hummelarten gegenüber PSM mit der von Honigbienen vergleichbar ist. Bei kleineren Solitärbienen ist eine erhöhte Empfindlichkeit jedoch nicht auszuschließen, auch wenn deren Exposition aufgrund fehlender Nistmöglichkeiten in landwirtschaftlichen Kulturen nicht vergleichbar ist. Die Auflage hat daher vorsorglichen Charakter und steht nicht im Widerspruch zur Einstufung B4 für Honigbienen.

6) Ist Glyphosat für Bienen schädlich?

Der Wirkstoff Glyphosat ist wie die meisten Herbizide in praxisüblichen Dosierungen weder akut noch unterschwellig bienentoxisch. Dies wurde im Rahmen des Zulassungsverfahren in Fütterungsstudien mit hohen Glyphosat-Konzentrationen bestätigt. Glyphosat-haltige Pflanzenschutzmittel sind daher in zugelassenen Aufwandmengen als nicht bienengefährlich eingestuft (B4). Auch unter praktischen Bedingungen waren keine schädigenden toxischen Effekte auf Bienenvölker erkennbar, die vom Institut für Bienenschutz an blühenden Flächen mehrere Tage vor der Spritzung eines handelsüblichen Glyphosat-Präparates in den Bienenflug aufgestellt wurden.

Eine negative Wirkung für Bienen und Bienenvölker kann jedoch eintreten, wenn die großflächige Anwendung von Glyphosat (oder anderen Herbiziden) ähnlich wie beim Mähen oder Umbrechen blühender Flächen zu plötzlicher und anhaltender Nahrungsknappheit für Bienen führt.

7) Ist Thiacloprid für Bienen schädlich?

Der Wirkstoff Thiacloprid gehört zur Gruppe der cyano-substituierten Neonikotinoide und ist aufgrund von Laborversuchen als mäßig bienentoxisch einzustufen. Die akute orale Bienentoxizität ist etwa 3400 - 4500mal geringer als bei den als stark bienentoxisch bekannten Wirkstoffen Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxam, die aus der Gruppe der nitro-substituierten Neonikotinoide stammen.

Um die Auswirkungen auf Bienen und Bienenvölker unter realistischen Bedingungen beurteilen zu können, wurden im Rahmen des Zulassungsverfahrens Halbfreiland- und Freilandversuche durchgeführt, bei denen Thiacloprid-haltige PSM in zugelassenen Dosierungen in blühendem Raps und Phacelia während des vollen Bienenfluges gespritzt wurden. Bei den anschließenden mehrwöchigen Beobachtungen der Testvölker traten keine erhöhte Mortalität oder Flugbienenverluste auf. Im Hinblick auf die Volks- und Brutentwicklung, den Nektar- und Polleneintrag sowie die Überwinterung der Testvölker waren ebenfalls keine Unterschiede zu unbehandelten Kontrollvölkern erkennbar. Auch subletale Effekte auf den Orientierungssinn oder das Gedächtnis der Bienen konnten nicht festgestellt werden bzw. hatten keine messbaren Effekte auf die Versuchsparameter.

Thiacloprid-haltige Pflanzenschutzmittel sind daher in zugelassenen Aufwandmengen als nicht bienengefährlich eingestuft (B4). Die Einstufung wurde in eigenen Freilandversuchen des Instituts für Bienenschutz überprüft und bestätigt.

In einem dreijährigen Versuch zweier unabhängiger deutscher Bieneninstitute hatte die Langzeitfütterung von Bienenvölkern mit hohen und stark überhöhten Thiacloprid-Konzentrationen (200 und 2000 ppb) keine negativen Auswirkungen auf die Volks- und Brutentwicklung, die Überwinterung sowie das Immunsystem der Bienen (Siede et al, 2017).

In Versuchen der FU Berlin wurden mit Sendern bestückte Flugbienen nach der Aufnahme Thiacloprid-haltiger Zuckerlösung in größerer Entfernung zum Stock freigelassen und ihr Flugverhalten beobachtet. Dabei konnte gezeigt werden, dass Thiacloprid in hohen, nicht praxisrelevanten Dosierungen das Rückfindeverhalten von Bienen beeinflussen kann. Tatsächlich betrugen die verwendeten Konzentrationen ein Vielfaches der nach Blütenspritzungen in der Praxis messbaren Konzentrationen in Nektar und Honig. Auch Versuchsaufbau und - durchführung sind im Hinblick auf das natürliche Verhalten von Bienenvölkern nicht auf die Praxis übertragbar. Die Versuchsergebnisse haben daher rein wissenschaftlichen Charakter und stehen nicht im Widerspruch zur derzeitigen Einstufung Thiacloprid-haltiger Pflanzenschutzmittel.