Inhalt: Regelung des Bienenschutzes
1. Bienenschutzverordnung
Die bienenschonende Anwendung von PSM ist in Deutschland seit Jahrzehnten durch die Bienenschutzverordnung geregelt. Pflanzenschutzmittel, die im Zulassungsverfahren als bienengefährlich eingestuft wurden, dürfen entsprechend der Verordnung nicht (B1-Einstufung) oder nur abends nach dem täglichen Bienenflug (B2-Einstufung) auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden. Dies gilt auch für blühende Unkräuter, Hecken und Randstreifen sowie Pflanzen, an denen sich Honigtau befindet. Auch Pflanzenschutzmittel, die als nicht bienengefährlich eingestuft sind (B4-Einstufung) und Saatgutbehandlungsmittel mit geringer Bienenexposition (B3-Einstufung) unterliegen strengen Anwendungsvorschriften. Ist die bienensichere Anwendung eines Pflanzenschutzmittels trotz Auflagen nicht möglich, wird die Zulassung nicht erteilt.
2. PSM-Zulassungsprüfung
Jedes Pflanzenschutzmittel muss im Rahmen des Zulassungsverfahrens in Laborversuchen auf seine akute und chronische Giftigkeit (Toxizität) für Stock- und Flugbienen sowie auf mögliche brutschädigende Eigenschaften geprüft werden. Kann ein Risiko für Bienenvölker bei der Anwendung als Spritz- oder Saatgutbehandlungsmittel nicht ausgeschlossen werden, müssen Pflanzenschutzmittel unter praktischen Bedingungen in Flugzelt- und Feldversuchen nach EPPO-Richtlinie 170 bzw. OECD 75 geprüft werden. Die Anwendung des Prüfmittels erfolgt entsprechend der angestrebten Einstufung. Soll das Prüfmittel als nicht bienengefährlich (B4) eingestuft werden, muss die Anwendung im Versuch während des Bienenfluges in die Blüte der Testkultur (Raps, Phacelia, ggf. Obst) erfolgen. Wird eine B2-Einstufung angestrebt, erfolgt die Anwendung im Versuch dementsprechend abends nach dem täglichen Bienenflug. Sind über den üblichen Versuchszeitraum von 4-6 Wochen keine schädigenden Effekte auf die Flugbienen und die Volks- und Brutentwicklung der Testvölker im Vergleich zu den unbehandelten Kontrollvölkern erkennbar, kann das Prüfmittel als nicht bienengefährlich (B4) bzw. bienengefährlich, außer bei Anwendung nach dem täglichen Bienenflug (B2) eingestuft werden. Wird bei den Testvölkern erhöhter Totenfall, eine schlechtere Volks- und Brutentwicklung oder Verhaltensstörungen der Bienen am Flugloch oder im Feld beobachtet, wird das Prüfmittel als bienengefährlich (B1) eingestuft. Auch Störungen des Orientierungsvermögens und andere sogenannte subletale Effekte werden erfasst, da sie sich direkt oder indirekt auf die gemessenen Versuchsparameter wie Mortalität, Flugintensität, Populationsentwicklung, Entwicklung und Häufigkeit der einzelnen Brutstadien, Bienenverhalten am Flugloch und im Feld sowie Pollen- und Nektareintrag auswirken. Bei Bedarf können Versuche zum Rückfindeverhalten von Flugbienen und andere Spezialversuche integriert und die Beobachtung der Testvölker auf mehrere Monate ausgedehnt werden. Auch bestimmte Tankmischungen aus Insektiziden und Fungiziden mit synergistischen Wirkungen und Saatgutbehandlungen mit systemischen Insektiziden (B3) müssen in Praxisversuchen geprüft werden.
Während Pflanzenschutzmittel gegen Unkräuter (Herbizide) und Pilze (Fungizide) in der Regel auch in hohen Dosierungen keine schädigenden Effekte auf Bienen haben, stellen Insektizide naturgemäß ein besonderes Risiko für Bienenvölker dar. Insektizide werden daher im Zulassungsverfahren besonders intensiv geprüft und sind überwiegend als bienengefährlich (B1) eingestuft. Zahlreiche Insektizide haben zudem ihre Zulassung in Deutschland und Europa in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund unvertretbarer Risiken für Mensch und Umwelt verloren und dürfen nicht mehr eingesetzt werden.
3. Untersuchungen in der Praxis
Zusätzlich zur intensiven Prüfung von Pflanzenschutzmitteln vor der Zulassung, werden in der Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen Bienenschäden in der Praxis untersucht, die mutmaßlich durch PSM verursacht wurden. Die amtliche Probennahme vor Ort erfolgt durch die Pflanzenschutzdienste der Länder. Die Ergebnisse der Untersuchungen liefern wichtige Hinweise zur Umsetzung der Bienenschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft und haben überdies präventiven Charakter.
Das deutsche Bienenmonitoring (DeBiMo; bienenmonitoring.uni-hohenheim.de) untersucht seit Jahren die als „Bienensterben“ bekannt gewordenen periodisch auftretenden erhöhten Überwinterungsverluste. Dabei wurde ein eindeutiger Zusammenhang von erhöhten Winterverlusten und dem Varroabefall betroffener Völker im Herbst festgestellt. Mögliche unterschwellige Beeinträchtigungen von Bienenvölkern durch PSM werden zudem seit Jahren in zahlreichen begleitenden Forschungs- und Monitoringprojekten auf nationaler und internationaler Ebene untersucht.
4. Ergebnisse der Schutzmaßnahmen
Die im Vergleich zur annähernd flächendeckenden Anwendung von PSM relativ geringe Zahl der gemeldeten Bienenschäden zeigt, dass die intensive Prüfung der PSM im Zulassungsverfahren in Verbindung mit den Anwendungsbestimmungen der Bienenschutzverordnung und der präventiven Wirkung der routinemäßigen Untersuchung von Bienenvergiftungsschäden in der Praxis grundsätzlich ein hohes Schutzniveau für Bienenvölker gewährleisten.
5. Weitere Maßnahmen
Zur Minimierung der allgemeinen PSM-Belastung sollten PSM-Maßnahmen immer gemäß der guten fachlichen Praxis, den Vorgaben des integrierten Pflanzenschutzes und den Empfehlungen der Pflanzenschutzdienste erfolgen. Zum vorsorglichen Schutz von im Zulassungsverfahren nicht geprüften wildlebenden Bestäuberinsekten sollten Anwendungen von B4-Tankmischungen in blühenden Kulturen möglichst abends oder bei kühler Witterung erfolgen.
In landwirtschaftlich intensiv genutzten Regionen können Trachtlücken (z.B. nach der Rapsblüte) bzw. länger anhaltender Futtermangel die Anfälligkeit für Bienenkrankheiten sowohl bei Honigbienen als auch bei Hummeln und Wildbienen erhöhen. Die Förderung von naturnahen Blühflächen und Nistmöglichkeiten ist daher ein besonders geeignetes Mittel zur Verbesserung des Bienenschutzes.