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Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen (UBieV)
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* Quelle:  Brasse, D.:  Der Arbeitsbereich Bienenschutz in der BBA; Aktuelle Beiträge zum Pflanzenschutz im Ackerbau; Mitteilungen der Biologischen Bundesanstalt für Land- Forstwirtschaft. 410, 2007
Fortsetzung: D. Thorbahn, Institut für Bienenschutz, JKI

Auswirkungen des chemischen Pflanzenschutzes 1924-1945*

Unter dem Einfluss der aufblühenden chemischen Industrie vollzog die Landwirtschaft nach dem 1. Weltkrieg einen spürbaren Wandel. Die Bekämpfung von Schadorganismen der Land- und Forstwirtschaft mit chemischen Mitteln nahm stetig zu. Die Bekämpfung tierischer Schadorganismen stand zunächst im Vordergrund und es wurden dabei so hochgiftige Substanzen wie Arsen und Blei eingesetzt. Da die Anwendungen teilweise auch zur Blütezeit stattfanden, konnten Schäden an Bienenvölkern und die darauf folgenden Klagen aus der Imkerschaft nicht lange ausbleiben. Hieraus ergab sich die zwingende Notwendigkeit, die Imkerei vor dieser neuen Gefahr zu schützen. Bereits im Jahre 1920 wurde in der „Wirtschaftlichen Abteilung“ der Biologischen Reichsanstalt (BRA) eine „Prüfstelle für Pflanzenschutzmittel“ eingerichtet (die spätere Abteilung für Pflanzenschutzmittel und Anwendungstechnik der Biologischen Bundesanstalt). Die „Prüfstelle für Pflanzenschutzmittel“ befasste sich gleich nach ihrer Gründung auch mit Auswirkungen der Pflanzenschutzmittel auf Bienen. So finden sich bereits im Bericht über die „Prüfung von Pflanzenschutzmitteln in den Jahren 1921/22“ aus den Mitteilungen der BRA bei einigen Mitteln Angaben zur Auswirkung auf die Honigbiene. Diese Angaben basierten auf Versuchsergebnissen von Borchert und Winkelmann (damaliger Leiter des Laboratoriums für Botanik in der Prüfstelle für Pflanzenschutzmittel). Die Prüfmethode ließ zunächst nur die Ermittelung der Toxizität der Mittel für Bienen bei oraler Aufnahme zu. Sie wurde von Borchert und Hilgendorff 1926 unter dem Titel „Ermittlung der Empfindlichkeit der Bienen gegen Arsenstäubemittel“ veröffentlicht. Erst später wurde die Prüfung um eine Methode zur Erfassung der Kontakt- und Atemgiftwirkung erweitert.

Es gab in dieser Zeit noch kein gesetzlich geregeltes Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel, so dass auch eine Prüfung der Auswirkungen auf Bienen nicht vorgeschrieben war und nur fakultativ stattfand. Jedoch gab die „Prüfstelle für Pflanzenschutzmittel“ Empfehlungen zur Anwendung der Mittel ab. So wurde z. B. empfohlen, bienengefährliche Pflanzenschutzmittel möglichst nur außerhalb der Blütezeit der Kulturpflanzen anzuwenden, besonders bei Obst und Raps. Auch die Empfehlung der Anwendung bienengefährlicher Mittel in blühenden Kulturen abends nach dem täglichen Bienenflug gab es bereits für besonders begründete Ausnahmefälle. Weiterhin wurde in die Überlegungen zur Verbesserung des Bienenschutzes einbezogen, auch blühende Unkräuter vor der Behandlung mit bienengefährlichen Mitteln zu schützen und in Obstkulturen den blühenden Unterwuchs vor einer Behandlung abzumähen.

Diese Überlegungen zur Gewährleistung des Bienenschutzes sind heute in der Bienenschutzverordnung niedergelegt und im Pflanzenschutz geläufig, damals waren sie als Pionierleistung anzusehen. Mit der Aufnahme der Untersuchungen zur Toxizität von Pflanzenschutzmitteln gegenüber Bienen hatte sich endgültig das Gewicht der Arbeiten des Laboratoriums für Bienengesundheit in eine neue Richtung verlagert. Untersuchungen zu schädigenden Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Bienen standen nunmehr im Mittelpunkt, während die Bienenpathologie fast nur noch in Beratungen und gelegentlichen Schulungen behandelt wurde.

Die Prüfung der Auswirkungen der Mittel auf Bienen lag bald auch im Interesse der Hersteller, weil von der „Prüfstelle für Pflanzenschutzmittel“ zunehmend Hinweise zur Anwendung unter Berücksichtigung des Bienenschutzes gegeben wurden. Diese Empfehlungen wurden von zahlreichen Regierungen der Länder aufgegriffen und in entsprechenden Anordnungen umgesetzt. Am 01.02.1933 wurde in Mecklenburg die erste dieser Anordnungen mit dem Titel „Anordnung zur Bekämpfung von Obstbaumschädlingen und zum Schutz der Bienen“ herausgegeben. 10 derartige Anordnungen mit fast gleichlautendem Titel und Inhalt sind bekannt. Sie verpflichten die Eigentümer und Pächter von Obstanlagen zur Bekämpfung von Obstkrankheiten und –schädlingen unter Einhaltung der Vorschriften des Bienenschutzes. So war die Anwendung von Arsen-haltigen Mitteln zur Blütezeit verboten und die Behandlung von Obstbäumen in unmittelbarer Nähe von Bienenständen nur nachts erlaubt. Diese Anordnungen waren im Grunde die Vorläufer der ersten Verordnung zum Schutz der Bienen vor Gefahren durch Pflanzenschutzmittel (Bienenschutzverordnung). Das Reichsernährungs-ministerium forderte im September 1937 die BRA auf, die auf Länderebene bestehenden Anordnungen zu einem einheitlichen Entwurf für eine im ganzen Reichsgebiet geltende Verordnung zusammenzufassen. Dieser Entwurf wurde im Jahre 1938 vorgelegt und trug den Titel: „Verordnung über das Verbot der Anwendung arsenhaltiger Pflanzenschutzmittel bei blühenden Kulturpflanzen“. Bei den folgenden Überarbeitungen wurde der Schutzzweck auf „andere blühende, gärtnerische und landwirtschaftliche Kulturpflanzen, insbesondere Raps“ ausgedehnt. Schon damals wurden einige landwirtschaftliche Kulturen von dem Verbot der Anwendung Arsen-haltiger Pflanzenschutzmittel zur Blütezeit ausgenommen, weil angenommen wurde, dass die Blüten dieser Kulturpflanzen nicht von Bienen beflogen wurden. Dies waren die Kulturen Wein, Kartoffel und Spargel. Inzwischen wurde festgestellt, dass Weinrebe und Spargel doch von Bienen beflogen werden, so dass in der derzeitigen Fassung der Bienenschutzverordnung als nicht von Bienen beflogene Kulturen nur Hopfen und Kartoffeln aufgeführt sind. Die Verordnung trat nie für das gesamte Reichsgebiet in Kraft, sondern nur in den Ländern, die zuvor keine „Anordnung zur Bekämpfung von Obstbaumschädlingen und zum Schutz der Bienen“ erlassen hatten.

Mit der Zunahme der Entwicklung chemischer Pflanzenschutzmittel in den 30er Jahren gewann der Bienenschutz immer größere Bedeutung, da sich die Berichte über umfangreiche Bienenverluste als Folge der Anwendung bienengefährlicher Pflanzenschutzmittel mehrten. So wurde im Jahre 1934 aus dem Bereich der Landwirtschaftskammer Münster ein Schaden an Bienenvölkern als Folge der Anwendung bienengefährlicher Mittel im Raps berichtet, für den die Versicherung des Anwenders die enorme Summe von 2000,- Reichsmark als Schadensersatz zahlen musste. Aufgrund derartiger Berichte wurde nun versucht, durch eine Verbesserung bzw. Verschärfung der Anwendungsvorschriften für bienengefährliche Mittel den Bienenschutz zu erhöhen. Voraussetzung dafür war jedoch, dass die Auswirkungen der Mittel auf Bienen vor dem In-Verkehr-bringen geprüft wurden. So erschienen in dieser Zeit zahlreiche Arbeiten aus der BRA und den Bieneninstituten der Länder, die sich mit diesem Thema beschäftigten. Es wurden Methoden zur Ermittlung der Toxizität der Mittel gegenüber Bienen entwickelt. Die Bestimmung einer „Dosis letalis minima“ wurde zum Vorläufer der heute gebräuchlichen „LD 50“. Der damalige Direktor der Bayerischen Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen, Prof. Dr. E. Zander, gab 1937 in seiner Veröffentlichung „Bienenzucht und Schädlingsbekämpfung“ einen Überblick über die zusammen mit der BRA erarbeiteten Maßnahmen zur Gewährleistung des Bienenschutzes bei der Durchführung von Pflanzenschutzmaßnahmen. Mit seiner damals geäußerten Forderung, durch Pflanzenschutzmittel getötete Bienen müssten in der BRA chemisch auf Rückstände untersucht werden, war er seiner Zeit weit voraus. Realisiert wurde diese Forderung erst nach 1950.

Die Zeit des 2. Weltkrieges ist gekennzeichnet durch eine Forcierung der landwirtschaftlichen Produktion verbunden mit einer Intensivierung des chemischen Pflanzenschutzes. Dies rief naturgemäß Konflikte mit der Imkerschaft hervor, auch wenn man dem Bienenschutz nach wie vor einen hohen Stellenwert einräumte. Zahlreiche Aufrufe der Pflanzenschutzdienste der Länder an die Anwender der Mittel sind ein Beleg dafür. Nach dem Ende des Krieges begann zunächst einmal eine relativ günstige Zeit für die Bienenhaltung in Deutschland. Es gab kaum Pflanzenschutzmittel und man entsann sich der großen, einfach zu habenden Produktionsleistungen der Bienen. Es gab in dieser Zeit schätzungsweise mehr als 2,5 Mio. Bienenvölker in Deutschland. Diese Zahl wurde jedoch nicht lange gehalten. Mit der Konsolidierung der politischen Situation begann sich das wirtschaftliche Leben in Deutschland wieder zu entwickeln. Es kam bald zu einem Aufblühen der chemischen Industrie, die wieder neue Pflanzenschutzmittel entwickelte. Der zunehmende Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft führte auch bald wieder zu schwerwiegenden Verlusten von Bienenvölkern. Darüber hinaus ließ das Interesse an der Bienenhaltung nach, weil wegen der Verbesserung der ökonomischen Situation Zucker wieder einfach und preiswert zu haben war und den Honig als Süßmittel zu ersetzen begann.

Aufbau des Bienenschutzes nach dem 2. Weltkrieg*

Mit der Teilung Deutschlands war auch die Zerschlagung der BRA verbunden. Nachfolgeeinrichtungen wurden in der sowjetisch besetzten Zone (später DDR), die Biologische Zentralanstalt (BZA) mit Sitz in Kleinmachnow und in den westlichen Besatzungszonen (später Bundesrepublik Deutschland), die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA). In der DDR baute der ehemalige Leiter des bakteriologischen Laboratoriums, Dr. Borchert einen gut funktionierenden Bienenschutz auf. Dank seiner Initiative wurde bereits im Jahre 1948 – noch vor der Gründung der DDR – in der sowjetischen Besatzungszone die 1. Bienenschutzverordnung in Kraft gesetzt. Die entsprechende Verordnung der Bundesrepublik folgte 2 Jahre später im Jahre 1950. Die Initiative zum Aufbau eines effektiven Bienenschutzes im Westen erfolgte zunächst durch Prof. Dr. Koch, der in Personalunion Leiter der damaligen Bundesforschungsanstalt für Kleintierzucht (ehemals Reichsanstalt für Seidenbau) und des Bieneninstitutes in Celle war. Zwei Persönlichkeiten hatten am Aufbau des Bienenschutzes in der Bundesrepublik besonderen Anteil:

Dr. Joachim Evenius, ehemaliger Leiter des Bieneninstitutes in Finkenwalde bei Stettin, betrieb von Celle aus den Zusammenschluss der wissenschaftlichen Bieneninstitute zur Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung. 1949 wurde diese Arbeitsgemeinschaft in Marburg mit dem Ziel gegründet, die Bearbeitung aller wissenschaftlichen und praktischen Fragen der Bienenkunde in den Dienst der Imkerei zu stellen. Auf Anregung von Prof. Koch beschäftigte sich in der Bundesforschungsanstalt für Kleintierzucht der Chemiker Dr. Karl Stute schon seit 1946 mit Verfahren zum Nachweis von Pflanzenschutzmittel-Rückständen in toten Bienen und mit der Entwicklung einer standardisierten Methode zur Prüfung der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Bienen.

Durch die Tätigkeit dieser beiden Wissenschaftler wurde Celle zum Ausgangspunkt des Bienenschutzes in der Bundesrepublik Deutschland. Durch die rückstandsanalytischen Arbeiten von Stute an toten Bienen wurde erstmals eine Möglichkeit eröffnet, die Verursachung von Schäden an Bienenvölkern durch Pflanzenschutzmittel exakt nachzuweisen. In der Bundesforschungsanstalt für Kleintierzucht entwickelte sich dadurch die erste Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen. Nach dem Inkrafttreten der Bienenschutzverordnung im Jahre 1950 veröffentlichte Stute im Jahre 1953 die erste Fassung einer „Richtlinie für die Prüfung von Pflanzenschutzmitteln auf Bienengefährlichkeit“, mit deren Hilfe nunmehr die zur Umsetzung der Bestimmungen der Verordnung erforderliche Differenzierung der Pflanzenschutzmittel hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Bienen vorgenommen werden konnte. Dank der Vorarbeiten von Evenius beteiligten sich die meisten der in der Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Institute an den Pflanzenschutzmittelprüfungen. Die Ergebnisse der Prüfungen wurden im „Arbeitskreis für die Beurteilung der Einwirkung von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf Bienen“ (später Fachgruppe „Bienenschutz“ des Sachverständigenausschusses für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln) diskutiert und bewertet.

An den Sitzungen des Arbeitskreises, dessen erster Obmann Prof. Koch war, nahmen als Vertreter der BBA Dr. Zeumer (Leiter der Abteilung für Pflanzenschutzmittel und -geräte) und Dr. Steiner sowie später Dr. Herfs als Leiter des Laboratoriums für Zoologische Mittelprüfung zunächst als Gäste teil. Das Pflanzenschutzgesetz vom 10.05.1968 regelte das Verfahren der Prüfung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln neu. An die Stelle des bisherigen Anerkennungsverfahrens trat nunmehr eine Zulassung zum Vertrieb der Pflanzenschutzmittel. Das bisherige Prüfverfahren zur Auswirkung auf Bienen wurde grundsätzlich beibehalten, jedoch stellte nunmehr die BBA die Prüfpläne zusammen, die zur praktischen Durchführung und Verteilung der einzelnen Prüfungen auf die Prüfstellen an Dr. Stute in der Bundesforschungsanstalt für Kleintierzucht in Celle verschickt wurden. Im Jahre 1976 wurde die Bundesforschungsanstalt für Kleintierzucht als Institut in die Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig-Völkenrode eingegliedert. Mit dem Eintritt von Dr. Stute in den Ruhestand im gleichen Jahr wurde der Arbeitsbereich Bienenschutz, d. h. die Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen und die Prüfung von Pflanzenschutzmitteln auf Bienengefährlichkeit an die BBA nach Braunschweig in das Laboratorium für zoologische Mittelprüfung verlegt und das im Arbeitsbereich Bienenschutz tätige Personal nach Braunschweig versetzt. Der Arbeitsbereich Bienenschutz wurde von da an mit zwei kurzen Unterbrechungen vom Verfasser wahrgenommen.

Untersuchungen von Bienenvergiftungen*

Seit Installierung der Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen durch Dr. Stute wurden die jährlich gemeldeten Schäden an Bienenvölkern aufgezeichnet. Den Aufzeichnungen ist zu entnehmen, dass die überwiegende Anzahl der Schäden in nur wenigen Kulturen entstand. So wurde in den 50er und 60er Jahren die meisten Schäden nach Angaben der Imker auf eine Mittelanwendung im Obstbau zurückgeführt. Aber auch die Bekämpfung von tierischen Schädlingen in Raps, Spargel und Kleingärten führte regional zu bedeutenden Bienenverlusten. Seit Beginn der 70er Jahre nahmen die Bienenschäden in den Weinbaugebieten, vor allem aber in Baden, deutlich zu. Ursache für die Entstehung dieser Bienenverluste war die intensive Anwendung von Herbiziden in den Rebanlagen, durch die den Bienen jegliche attraktive Tracht entzogen wurde. Die Bienen waren nun gezwungen, die für sie eigentlich unattraktive Rebblüte zu befliegen. Da die Ansicht weit verbreitet war, die Rebe werde von Bienen nicht beflogen, wurden in den Weinbaugebieten die Rebschädlinge auch zur Blütezeit mit bienengefährlichen Mitteln bekämpft. Der am intensivsten eingesetzte Wirkstoff Carbaryl bewirkte die zahlreichen Bienenschäden vor allem aufgrund seiner ausgeprägten Fraßgiftwirkung. Der Wirkstoff wurde mit dem kontaminierten Rebpollen in die Völker eingetragen und dort an Jungbienen und Brut verfüttert. Unglücklicherweise konnte der Wirkstoff Carbaryl, mit den damals zur Verfügung stehenden Analysemethoden in toten Bienen nur schwer nachgewiesen werden. Die Serie schwerster Bienenschäden in den Weinbaugebieten konnte erst dadurch beendet werden, dass Dr. G. Vorwohl (später Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde in Stuttgart-Hohenheim) nach intensiven Beobachtungen den Beflug der Rebblüte durch Bienen belegen konnte und, weil 1978 die ersten chemischen Nachweise für den Wirkstoff Carbaryl in toten Bienen gelangen.

Im Jahre 1974 erreichten die Schadensfälle mit 467 gemeldeten Schäden ihren Höhepunkt. Nicht alle gemeldeten Schäden wurden jedoch von den Imkern auf die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in landwirtschaftlichen Kulturen zurückgeführt. In etwa 25% der Fälle wurde von den Geschädigten als Schadensursache Frevel, d. h. mutwillige Vergiftung z. b. bei Nachbarschaftsstreitigkeiten angegeben und in ebenso viel Fällen wurden keine Angaben zur Schadensursache gemacht. Dieser prozentuale Anteil an der Gesamtsumme der gemeldeten Schäden ist bis heute etwa gleich geblieben.

Bei der Klärung der Schadensursachen bewährte sich von Anfang an die enge Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung, der Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen und den Pflanzenschutzdiensten der Länder. So wurden bestimmte Fragen im Zusammenhang mit Bienenvergiftungen zur Bearbeitung an einzelne Wissenschaftler der Arbeitsgemeinschaft vergeben. Beispielsweise untersuchte Prof. Dr. Wahl (Marburg) den Zusammenhang zwischen Ernährungsstatus der Bienen und ihrer Empfindlichkeit gegenüber Pflanzenschutzmitteln. Prof. Dr. Steche (Hohenheim) arbeitete über den Einfluss von Nosema apis Zander auf die Entstehung von Bienenschäden durch Pflanzenschutzmittel. Bereits im Jahre 1955 wurden als Ergebnis dieser Zusammenarbeit der Arbeitsgemeinschaft mit dem Pflanzenschutzdienst „Richtlinien für die Entnahme von toten Bienen bei Verdacht der Vergiftung durch Pflanzenschutzmittel“ in den amtlichen Pflanzenschutzbestimmungen herausgegeben. (Amtl. Pflanzenschutzbest. N.F: VIII, 1, 8-11).

Die Verlegung des Arbeitsbereiches Bienenschutz von Celle nach Braunschweig brachte für die Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen eine deutliche Verbesserung der apparativen Ausstattung mit sich. Durch die Einrichtung von zwei modernen gaschromatographischen Messplätzen war es erstmals möglich, bei der Rückstandsanalyse von Pflanzenschutzmitteln modernen Anforderungen zu genügen. Die Bearbeitung der Bienenschäden aus den Weinbaugebieten war die erste Bewährungsprobe dafür.

Das in der Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen tätige Personal (1 Chemikerin und 1 technische Assistentin) wurde aufgrund einer Übereinkunft zwischen allen Bundesländern und dem Deutschen Imkerbund von diesen nach einem bestimmten Schlüssel bezahlt. Das Eintreiben der Gelder durch die BBA war ein jährlich wiederkehrendes, unerquickliches Ritual. Immer wieder weigerten sich einzelne Länder aus unterschiedlichen Gründen, die von ihnen gemäß der Vereinbarung zu zahlende Summe zu überweisen. Mitte der 80er Jahre bot sich mit der Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes die Gelegenheit, dem unerfreulichen Gezerre um die Finanzierung der Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen ein Ende zu machen. Auf Vorschlag des damaligen Präsidenten der BBA, Prof. Dr. G. Schuhmann, wurden die Untersuchungen von Bienenvergiftungen durch (zugelassene) Pflanzenschutzmittel 1986 als zusätzliche Aufgabe für die BBA unter § 33 Abs. 2 Nr. 8 in das neu gefasste Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen aufgenommen. Seit dem Inkrafttreten sind die Untersuchungen von Bienenvergiftungen Aufgabe der BBA. Das ehemals aus Ländermitteln bezahlte Personal wurde in den Bundesdienst übernommen. Nach der Übernahme der Aufgabe war erstmals eine räumliche Trennung der beiden in der Untersuchungsstelle durchgeführten Untersuchungsabläufe der biologischen und chemischen Untersuchungen erforderlich, weil die bisher in der Untersuchungsstelle tätige Chemikerin, Frau Dr. I. Kaufmann, in den Ruhestand trat. Die biologischen Untersuchungen (Aedes- Test, Pollenanalyse, Krankheitsuntersuchungen) sowie die Gesamtleitung für alle Untersuchungen, einschließlich der chemischen, und die Vertretung der Untersuchungsstelle nach außen (z. B. bei Gerichtsverhandlungen zu Bienenschäden) verblieben in Braunschweig. Die chemischen Untersuchungen wurden nun an den BBA-Standort in Berlin verlagert. Eine weitere Folge der Verlagerung der chemischen Untersuchungen nach Berlin war eine deutliche Verbesserung der apparativen Ausstattung der Untersuchungsstelle. Erstmals wurde für die Durchführung der chemischen Untersuchungen ein Massenspektrometer beschafft, so dass die von da an herausgegebenen chemischen Befunde auf dem modernsten Stand der Analysetechnik erstellt werden konnten. Diese Modernisierung der Analysetechnik war erforderlich, um die Untersuchungsbefunde im Hinblick auf eine gutachterliche Verwendung vor Gericht abzusichern.

* aus: Brasse, D. : Der Arbeitsbereich Bienenschutz in der BBA; Aktuelle Beiträge zum Pflanzenschutz im Ackerbau; Mitteilungen der Biologischen Bundesanstalt für Land- Forstwirtschaft. 410, 2007

Fortsetzung ...

Die chemischen Untersuchungen am Standort Berlin wurden nun von Herrn Dr. Kossmann durchgeführt, der die Grundlage für eine empfindliche GC/MS-Methode zum Nachweis von Pflanzenschutzmitteln in Bienen legte. 1998 wurden die Arbeiten von Dr. Frank Seefeld übernommen, der im Jahr 2007 in den Ruhestand trat.

Im Juni 2007 trat auch Dr. Dietrich Brasse, der langjährige Leiter der Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen und des Arbeitsbereichs Bienenschutz, in den Ruhestand. In seiner 31 jährigen Amtszeit ging die Zahl der jährlich gemeldeten Bienenschäden von 363 Schäden bei Amtsübernahme im Jahr 1976 auf durchschnittlich 100 Schäden pro Jahr im Zeitraum von 1992 bis 2007 zurück. Dies ist neben der verbesserten Prüfung von Pflanzenschutzmitteln im Zulassungsverfahren auch darauf zurückzuführen, dass Erkenntnisse aus der Untersuchung von Bienenvergiftungsschäden bei gegebenem Anlass in die Beurteilung der Bienengefährlichkeit von Pflanzenschutzmitteln einbezogen wurden. Für den Bienenschutz wichtige Änderungen der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln waren u.a. das Verbot des Insektizids Carbaryl als Folge der massiven Bienenschäden in den Weinbaugebieten Baden-Württembergs in den 1970er Jahren, die Verschärfung der Bienenschutzauflagen zahlreicher Insektizide (B1 statt B2 ) Ende der 1970er Jahre, die Verschärfung der Bienenschutzauflagen für Tankmischungen aus B4-Pyrethroiden und Azol-Fungiziden (allein B4, in Mischung B2) Anfang der 1990er Jahre sowie Maßnahmen zur Reduzierung von Bienenschäden durch Blattlausbekämpfungen in Getreide, Speisekartoffeln und anderen Kulturen (1990er Jahre, 2003).

Ende 2007 wurde die Leitung des Arbeitsbereichs Bienenschutz einschließlich der Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen an Dr. Jens Pistorius übergeben. Damit verbunden war eine Verlagerung der Arbeitsschwerpunkte: Neben den gesetzlich festgeschriebenen Aufgaben der Untersuchung von Bienenvergiftungen und der Bewertung der Bienengefährlichkeit von Pflanzenschutzmitteln im Zulassungsverfahren sollte die Forschung zu den Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Bienen ausgebaut werden - zunächst durch die Ansiedelung von Forschungsprojekten. In den folgenden Jahren wurde zudem den ständig steigenden Anforderungen im Bereich der gesetzlichen Aufgaben durch die Schaffung einer zusätzlichen Wissenschaftlerstelle und zwei Teilzeitstellen im technischen Bereich Rechnung getragen, von denen auch die Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen profitieren konnte. Die chemischen Untersuchungen wurden Anfang 2007 von Frau Dr. Gabriela Bischoff übernommen, die mit der LC-MS-Technik ein zweites massenspektrometrisches Verfahren in der routinemäßigen Analytik der Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen etablierte.  

Im Jahr 2008 kam es erneut zu einer Bewährungsprobe für die Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen - diesmal unter neuer Leitung - als in Baden-Württemberg ca. 12500 Bienenvölker durch Clothianidin-haltige Stäube bei der Aussaat von fehlerhaft gebeiztem Maissaatgut geschädigt wurden. Die Aufklärung der Schäden erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Pflanzenschutzdienst Baden-Württemberg und Bienenwissenschaftlern vom Bieneninstitut der Universität Hohenheim und hatte das Verbot Neonikotinoid-haltiger Saatgutbeizungen in den Kulturen Mais und Getreide zur Folge.

Im April 2016 wurde die Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen einschließlich der Aufgaben der chemischen Untersuchungen Teil des neu gegründeten Instituts für Bienenschutz in Braunschweig, zu dessen Leiter Dr. Pistorius ernannt wurde. Die chemischen Untersuchungen werden weiterhin am Standort Berlin-Dahlem durchgeführt.

D. Thorbahn, Institut für Bienenschutz, JKI